fresh::sounds - seidenstrasse vol. 5

Konzert. Installation. Live-music-cooking-performance. Party. Das Projekt "fresh:sounds - seidenstrasse vol. 5" will die Kulturen der Seidenstraße mit allen Sinnen erlebbar machen. Wie können diese Traditionen auf transkulturelle und transmediale Weise in einen zeitgenössischen künstlerischen und musikalischen Kontext gebracht werden?

Konzert. Installation. Live-music-cooking-performance. Party. Das Projekt "fresh:sounds - seidenstrasse vol. 5" will die Kulturen der Seidenstraße mit allen Sinnen erlebbar machen. Wie können diese Traditionen auf transkulturelle und transmediale Weise in einen zeitgenössischen künstlerischen und musikalischen Kontext gebracht werden? 

Die Seidenstraße als jahrhundertealte Route steht für internationale Handelsbeziehungen. Neben dem rein wirtschaftlichen Austausch koexistiert aber auch ein Aufeinandertreffen und Vermischen verschiedener Kulturen, Traditionen, Kunst- und Musikformen. Die aktuelle Relevanz der Seidenstraße spiegelt sich im chinesischen Mega-Bauprojekt “One Road, one belt” wider. Die traditionelle Route auf dem Festland wird dabei auf den Pazifik ausgeweitet. Allein in den letzten fünf Jahren wurden 2.600 verschiedene Bauprojekte in insgesamt 139 Ländern angestoßen. Die Komponistin und Konzertdesignerin Jelena Dabic reagiert auf diesen Umbruch mit dem Wunsch, diesen kulturellen Austausch vor den globalen geopolitischen Veränderungen in einem auf alle Sinne ausgelegten Veranstaltungskonzept sichtbar zu machen und in einen offenen, aktiven Dialog mit dem Publikum zu transferieren.

 

Silkroad, das ist ein Clash of Cultures, der verblüffend gut funktioniert. Türkische, chinesische, arabische und indische Traditionen treffen aufeinander und erzeugen einen hypnotischen Sog, der einen in wundersam beruhigende Untiefen jenseits aller Genres zieht. Diese Konzerte sind jedes Mal eine Offenbarung. 

Jan Paersch, taz

Musikalisches Programm

Vito Žuraj (*1979): Etouffée für präpariertes Klavier

Pascal Dusapin (*1955): Etoude nr. 6 für Klavier

Jue Wang (*1979): Samsara für Gesang

Jelena Dabic (*1982): silk_road_reloaded für Bansuri, Tambura und Schlagzeug

Mazedonisches Lied (Bearbeitung: J. Dabic): Jovano

Uigurisches Lied (Bearbeitung: J. Dabic): Spring in Pamir

Traditionelle Musik aus Iran, Kalkutta, China und Indonesien

Besetzung

Angklung Hamburg Orchestra

Lin Chen (Perkussion, Yangqin)

Jawad Salkhordeh (Tonbak, Setar)

Babua Pahari (Tabla, Bansuri)

Marija Skender (Klavier, orientalischer Tanz)

Lini Gong (Gesang)

Jelena Dabic (Tambura, Komposition, Künstlerische Leitung)

 

Nachgefragt

Welche besonderen gestalterischen Mittel wurden eingesetzt und warum? Welches dramaturgische/szenische Konzept wurde verfolgt?

Die Verbindung von Musik, Installation, Licht und die Aufführung ohne Unterbrechungen zwischen den Kompositionen führte zu einem Gesamtkunstwerk-Erlebnis. Die auf Stoffbahnen projizierten 2D-Animationen beschäftigen sich visuell und auditiv-sprachlich mit den Kontrasten der alten und neuen Seidenstraße und deren geopolitischen und kulturellen Transformationen. Dabei wurden die Besucher*innen selbst zur Projektionsfläche im Spiel zwischen Stoffen, Farben und Licht auf ihrem Weg durch die Seidenstraßen-Installation.

Das 14-köpfige Angklung Hamburg Orchestra als Kulturbotschafter des gleichnamigen Ein-Ton-Bambus-Instruments aus Indonesien erschuf als sich bewegender Teil der Installation eine 360 Grad-Wahrnehmung. Die Bestuhlung erfolgte auf mehreren Ebenen im Raum: Bodenkissen, Podeste und Stühle ermöglichten ein für jede*n Besucher*in individuelles Erlebnis, zum Teil auch inmitten der Installation. Damit konnte eine Rundumsicht des Publikums auf die zwei verschiedenen Bühnen gelegt werden.

Die Verbindung von traditionellen Instrumenten mit zeitgenössischer und neu-arrangierter traditioneller Musik ermöglichte dem Publikum, im Hier und Jetzt fremde Traditionen in einem zeitgemäßen innovativen Konzept zu erleben. Im unmittelbaren Anschluss fand eine Live-cooking-Show statt. Die beiden Performer kreierten auf einem Tisch Indonesische Spezialitäten zu Silk-Road- und Post-Latin-Klängen. Der offene Übergang in eine After-Show-Party und die Tanzfläche inmitten der Installation rundete das Konzert ab.

Beschreibe den künstlerischen und kreativen Entstehungsprozess.

Die Seidenstraße als eine Sinnreise. Wie schmeckt, wie riecht, wie klingt, wie sieht die Seidenstraße im 21. Jahrhundert aus? Von China über Indonesien auf der Maritimen Seidenstraße durch den Iran und Indien führt die Handelsroute über den Balkan nach Europa. Der musikalische Fokus lag auf der Verbindung von traditionellen instrumentspezifischen Werken mit Re-Arrangements und zeitgenössischer Musik: Das für das Konzert neu gegründete Ensemble musizierte auf der Tonbak und Setar aus dem Iran, der Bansuri und Tabla aus Indien, der Tambura aus Serbien; und dem Yangqin aus China.

Diese für europäische Ohren exotischen Klänge verschmolzen mit Klavier-, Schlagzeug- und Elektronik-Sounds zu noch nie gehörten Klanggebilden. Diese Aufführung von Bearbeitungen länderspezifischer Folklore im Wechsel mit zeitgenössischen Kompositionen von Vito Zuraj, Pascal Dusapin und Jelena Dabic erzeugten von der Solo- bis Sextet-Besetzung einen homogenen Rezeptionsfluss. Der Auftritt der Pianistin Marija Skender als Bauchtänzerin hob die Performance durch die hinzugefügte Tanz-Ebene in eine überraschende räumliche und ästhetische Wahrnehmungsdimension. Die Live-cooking-Show im Anschluss machte den Geschmack der Seidenstraße erlebbar. Die Öffnung der Installation als Tanzfläche ermöglichte es den Besucher*innen abschließend, auch mit der Kunst im Raum in Resonanz zu gehen.

Welche Erfahrungen in Bezug auf dieses Projekt könnt Ihr mit anderen teilen? Was war positiv, was war negativ? Was hat funktioniert, was nicht?

Das Programm ist beim Publikum sehr gut angekommen, die Zuschauerschaft reagierten mit Ovationen. Das Konzert war ausverkauft, sodass nicht alle Interessent*innen das Konzert besuchen konnten. Die Publikumsstimmen nach dem Konzert betonten neben der starken emotionalen Berührtheit auch den deutlichen Wunsch nach der Fortsetzung bzw. Wiederholung des Konzepts. Für eine so aufwändige Produktion sollte man mehrere Vorstellungen planen. Durch die Verknüpfung verschiedener Elemente, die bereits für sich betrachtet eigene Veranstaltungen darstellen können, wurde es zwar komplexer, aber dramaturgisch viel spannender und der Wow-Effekt beim Publikum und den Musiker*innen exponentiell verstärkt. Die technische Gestaltung und der Aufwand war anspruchsvoller als ursprünglich gedacht, sodass eine längere Vorbereitungsphase und Probezeit im resonanzraum gewünscht war.

Welche Parameter haben Euch eingeschränkt, was die größte Herausforderung? Wie seid ihr damit umgegangen? 

Bei diesem Konzert war die technische Betreuung die größte Herausforderung. Die Lichtdramaturgie im Konzert und in der Installation, das Sounddesign sowohl verstärkt als auch unverstärkt, all das war auch durch die Raumaufteilung und die unterschiedlichen Anforderungen an Mensch und Technik komplexer. Das, was am Ende herausgekommen ist, war letztlich eine gelungene vielschichtige Veranstaltung.

Was habt Ihr persönlich aus diesem Projekt gelernt?

Dass es sich gelohnt hat, diese zunächst unvorstellbare Konstellation von Musiker*innen zu kombinieren und damit ein dramaturgisches Risiko einzugehen. Durch diese ungewöhnliche Kombination herrschte in diesem Konzert eine magische Energie und Atmosphäre, welche auch durch den Austausch zwischen Zuschauer*innen und Künstler*innen entstand.