Vom kunstsozialen, offenen Raum

Wenn sich zwei Kreise übereinanderschieben, entsteht eine Schnittmenge. Nennen wir den einen Kreis „Saalkreis“, den anderen „Bühnenkreis“. Bewegen wir die beiden Kreise gleichmäßig aufeinander zu, entsteht die besagte Schnittmenge. Diese Schnittmenge interessiert uns, da wir ihr die Qualität eines deutungsfreien - von beiden Kreisen erst ermöglichten - offenen Raumes zuschreiben.

Diesen „offenen Raum“ gilt es zu kreieren, wo aus künstlerischen Werten gesellschaftliche Werte werden sollen, wo es in gleicherweise um Teilhabe und Teilgabe geht, wo ein gegenseitiges Potenzialentfaltungsinteresse aufgebracht wird, wo sich Kunst als sozialer, als geistig inspirierter Akt ereignen kann - wo jeder Mensch ein Künstler ist.

Dieser „offene Raum“ verändert die klassische Gegenüberstellung von Saal und Bühne, von Künstler und Rezipient, von Autorität und Hörigkeit; er wandelt ihre zweidimensionale Bestimmbarkeit in eine multidimensionale Beziehungsfähigkeit.

Das Prinzip des „Geben und Nehmens“ wird durch die Bildung eines neuen, kunstsozialen „offenen Raumes“ in ein Prinzip des „Geben und Geben“ umgestülpt. Dieser offene, umgestülpte Raum erzeugt Schwingung, erzeugt Resonanz, erzeugt eine Resonanz zwischen Kunst und Welt, zwischen Zentrum und Peripherie, zwischen Künstler und Teilgeber (dem früheren Publikum), zwischen Himmel und Erde - es entsteht Neues: Ein Konzert.

 

Autoren: Amadeus Templeton und Boris Manchin